Trotz versuchter genderneutraler Erziehung erlebt mein 12-jähriger Sohn auf Social Media und in seinem Umfeld Beispiele schädlicher und falsch verstandener Männlichkeitsideale: Jungs sollen stark, hart und muskulös sein und ja keine Mädchenfarben tragen. Die Lösung? Ein holpriger Weg – aber er führt aufwärts.
«Eigentlich gefallen mir die hier.» Mein Sohn dreht im Sportgeschäft einen Sneaker in seiner Hand. Er ist weiss, bei der Sohle hat er einen silbrig-violetten Streifen. Auch das Innenfutter ist violett. «Eigentlich?», frage ich zurück, obwohl ich die Antwort schon kenne. Mein Sohn stellt den Schuh ins Regal zurück. «Ja, die sind cool. Aber wenn ich mit denen in die Schule gehe, machen mich die anderen fertig.»
Violett und Pink sind die Lieblingsfarben meines Sohnes. Die seines Vaters sind Pink und Türkis. Der Apfel und der Stamm vermutlich – plus 33 Jahre Altersunterschied. Während sein Papa heute selbstbewusst mit pinkem Rucksack rumläuft, hüllt sich unser 12-Jähriger nur dann in seine Lieblingsfarben, wenn wir weit weg von zu Hause sind. Am besten sogar im Ausland. Dann nämlich, wenn ihn keiner aus seiner Klasse sehen kann.
Auch in Filmen, Büchern und sozialen Medien ist der Held meistens ein muskulöser Tough Guy.