Eine Person mit einer Fernbedienung in der Hand. Im Hintergrund ist das Netflix logo zu erkennen.

Habe ich auch meine Mediennutzung im Blick?

Wenn es um die Mediennutzung der Kinder geht, sind Eltern oft schnell besorgt. Wie steht es aber um den eigenen Umgang mit digitalen Medien?

Wie viel Bildschirmzeit ist okay? Wann wird’s ungesund? Wenn es um die Mediennutzung der Kinder geht, sind Eltern oft schnell besorgt. Als Erwachsene sind wir aber auch Vorbilder. Wie steht es also um den eigenen Umgang mit digitalen Medien?

Dass es wichtig ist, den Medienkonsum der Kinder im Auge zu behalten, ist unbestritten. Digitale Medien faszinieren – und in dieser Faszination kann man sich schnell verlieren. Bei allen Fragen rund um altersgerechte Medienzeiten verlieren wir Erwachsenen aber manchmal eines aus dem Blick: Unseren eigenen Umgang mit Smartphone & Co.

  • Wir checken am Feierabend oder am Wochenende doch mal noch die E-Mails.
  • Den Anruf beim Abendessen nehmen wir entgegen, um zu sagen, dass wir später zurückrufen.
  • Wenn die Kinder im Bett sind, schalten wir bei Netflix ab.
  • In den Ferien posten wir Fotos auf Instagram und verschicken Video-Grüsse per WhatsApp.
  • Beim Sport sagt uns die Smartwatch, ob wir die gesetzten Ziele erreicht haben.
  • Und während der Zugfahrt vertreiben wir uns die Zeit mit einem Game oder einem Podcast.

Kinder orientieren sich von klein auf an Erwachsenen und an dem, was ihnen vorgelebt wird.

Bettina Bichsel, Jugend und Medien

Das Verhalten der Eltern ist für Kinder ein Kompass

Nicht nur das Leben unserer Kinder ist geprägt von Bildschirmen. Auch in unserem Erwachsenen-Alltag dreht sich so manches um digitale Medien und Gadgets. Weil das für uns längst selbstverständlich geworden ist, fällt es uns gar nicht mehr so auf.

Es empfiehlt sich allerdings aus zwei Gründen, zwischendurch unsere eigenen medialen Gewohnheiten unter die Lupe zu nehmen und zu reflektieren:

  1. Für unser eigenes Wohlbefinden! Denn zu viel Medienzeit ist nicht nur für Kinder und Jugendliche ungesund.
  2. Für unsere Kinder und ihren Umgang mit digitalen Medien! Denn als Eltern sind wir Vorbilder.

Kinder orientieren sich von klein auf an Erwachsenen und an dem, was ihnen vorgelebt wird. Da Eltern die ersten und wichtigsten Bezugspersonen im Leben eines Kindes sind, übernehmen sie auch automatisch die grösste Vorbildrolle. Das gilt natürlich nicht nur, aber eben auch für den Medienkonsum.

Und: Kinder haben ausgesprochen feine Antennen. Sie kriegen meist mehr mit, als uns bewusst ist. Wenn unsere Aufmerksamkeit beim Handy ist zum Beispiel. In einer Umfrage aus Deutschland gaben zwei Drittel der Eltern zu, dass sie auch mal von ihren Sprösslingen zu hören bekommen, sie seien zu oft mit dem Smartphone oder anderen Bildschirmmedien beschäftigt. 17 Prozent hören dies auch häufiger.

Eine Mehrheit der Eltern (62 Prozent) räumte auch selbst ein, dass sie eigentlich zu viel Zeit mit digitalen Medien verbringen. Spannend, dass trotzdem etwa drei von vier Elternteilen sich selbst als gutes Vorbild in Sachen Medienkonsum betrachten.

Wissen Sie, wie viel Zeit Sie mit digitalen Medien verbringen?

Natürlich ist nicht nur die Zeit ein Faktor, wenn es um Mediennutzung geht. Die Frage ist auch, was wir machen, wenn wir online sind. Erledigen wir Dinge wie Online-Banking? Organisieren wir die nächsten Familienferien? Handy & Co. machen vieles einfacher. Und manchmal haben wir angesichts des alltäglichen Irrsinns das Bedürfnis, kurz abzutauchen und uns in einem Computergame oder einer Serie zu verlieren.

Ungesund wird es – und das gilt für Erwachsene genauso wie für Kinder und Jugendliche –, wenn dieser Fluchtimpuls Überhand nimmt. Wenn wir Angst haben, etwas zu verpassen, nur weil das Smartphone mal nicht in Reichweite ist; umgangssprachlich heisst das auch FOMO (Abkürzung für den englischen Ausdruck «Fear of Missing Out»). Wenn es uns schwer fällt, das Arbeitshandy am Feierabend oder am Wochenende ausgeschaltet zu lassen.

Wie so oft geht es darum, ein gutes Mass zu finden. Und auch ohne gleich onlinesüchtig zu sein lohnt es sich, hin und wieder den eigenen Medienkonsum bewusst zu reflektieren. Fragen Sie sich zum Beispiel:

  • Wie oft nutze ich das Handy oder ein anderes Bildschirmgerät?
  • Wenn ich es nutze: Was mache ich damit? Ist es notwendig? Mache ich es zum Zeitvertreib?
  • Wenn ich Nachrichten oder einen Anruf erhalte, geh ich dann immer gleich ans Smartphone?
  • Habe ich beim gemeinsamen Abendessen oder während Familienausflügen mein Handy an?
  • Gibt es Zeiten, in denen ich das Smartphone bewusst ausschalte und nicht erreichbar bin?


Die meisten Smartphones haben in den Einstellungen Funktionen, mit denen wir die Mediennutzung überwachen und auch steuern können. So lassen sich zum Beispiel für einzelne Anwendungen (Social Media, Messenger etc.) Zeitlimiten einrichten. Abends kann der Schlafenszeit-Modus ab einer bestimmten Uhrzeit automatisch aktiviert werden und tagsüber lassen sich in Zeiten, in denen wir nicht abgelenkt werden möchten, die App-Benachrichtigungen ausschalten. Sogar einen Kopf-hoch-Modus habe ich gefunden, der mich daran erinnert, auf die Umgebung zu achten, wenn ich unterwegs das Handy nutze (ein netter Mitmensch hat diese Aufgabe auch schon übernommen und mich darauf hingewiesen, dass das Leben ausserhalb des Smartphones stattfindet, als ich mit starrem Blick auf Google-Maps an ihm vorbeigelaufen bin).

Es geht darum, sich nicht vereinnahmen zu lassen, sondern ein Mass zu finden, das uns gut tut und mit dem wir uns wohlfühlen.

Bettina Bichsel, Jugend und Medien

Digital Wellbeing: ein Thema für die ganze Familie

Ein gesunder Umgang mit Bildschirmmedien ist ein Thema, das wir uns in einer immer digitalisierteren Welt zu Herzen nehmen dürfen. Es geht darum, sich nicht vereinnahmen zu lassen, sondern ein Mass zu finden, das uns gut tut und mit dem wir uns wohlfühlen. Deswegen spricht man von «Digital Wellbeing». Und weil das ein Aspekt ist, der uns alle – egal in welchem Alter – betrifft, sollten wir uns in der Familie immer wieder darüber austauschen.

Auch dazu ein paar Fragen als Anregung:

  • Wer nutzt welche Bildschirmmedien? Was macht das mit dem Familienleben?
  • Wann nervt es, wenn andere Familienmitglieder mit Smartphone, Tablet, Computer etc. beschäftigt sind? Warum?
  • Welche Regeln können wir zusammen aufstellen? Gelten für alle dieselben Regeln oder gibt es Ausnahmen?
  • Was sind coole Medienaktivitäten, die wir als Familie gemeinsam machen können?


Als Erwachsene ist es dann besonders wichtig, sich an die vereinbarten Abmachungen zu halten. Schliesslich wollen wir auch in Sachen Verbindlichkeit ein Vorbild sein.

Und übrigens: In einem Projekt von «Studio im Netz» wurden Kinder direkt gefragt, welche Tipps sie Eltern rund um den Umgang mit Smartphone & Co. geben würden. Hier finden Sie das → YouTube-Video dazu.

Bettina Bichsel ist Journalistin und Texterin. Sie schreibt und bloggt unter anderem für Jugend und Medien.