Wieso Medienheld*innen für Kinder so wichtig sind

Die Wunschlisten für Weihnachten sind wieder voll von Figuren, die unsere Kinder aus den Medien kennen. Was für uns Erwachsene nicht immer nachvollziehbar ist, spielt für die Heranwachsenden eine wichtige Rolle.

Eine Ausrüstung wie Feuerwehrmann Sam sie hat oder das Schloss von Eiskönigin Elsa. Die Wunschlisten für Weihnachten sind wieder voll von Figuren, die unsere Kinder aus den Medien kennen. Was für uns Erwachsene nicht immer nachvollziehbar ist, spielt für die Heranwachsenden eine wichtige Rolle.

Sie erleben spannende Abenteuer, bekämpfen Bösewichte, verfügen über magische Fähigkeiten oder sorgen einfach nur für Spass. Unsere Kinder sehen sie im Fernsehen, auf DVDs oder auf dem Disney Channel – und können gar nicht genug von ihnen kriegen. Die Jüngsten wollen sein wie Bob, der Baumann, Feuerwehrmann Sam, Eiskönigin Elsa oder Prinzessin Lillifee. Die Älteren finden Harry Potter, Henry Danger, Bibi oder Barbie cool.  

Für Eltern ist diese Faszination manchmal unverständlich. Aber für die Kinder erfüllen Medienheldinnen und -helden wichtige Funktionen, und zwar in verschiedener Hinsicht. Sie brauchen Idole, an denen sie sich orientieren und mit denen sie sich identifizieren können. Neben realen Bezugspersonen und Stars sind dies oft fiktionale Charaktere.

Medienheld*innen geben Einblick in die Gedankenwelt unserer Kinder und die Themen, die sie gerade beschäftigen.

Fantasie und Alltagshilfe

Die Figuren bieten Projektionsfläche für eigene Träume, Wünsche, aber auch Ängste, regen die Fantasie an und laden zum Nachspielen der Abenteuer ein. Sie dienen als Identifikationsfiguren, weil sie stark und mutig sind, anderen helfen und Herausforderungen meistern. Manchmal sind sie auch einfach chaotisch und tollpatschig, so dass sich die Kleinen überlegen fühlen können oder sehen, dass auch mal etwas schief gehen kann und man trotzdem geliebt wird.

Darüber hinaus können die Medienheld*innen den Kindern dabei helfen, eigene Erlebnisse zu verarbeiten. Sie verwandeln sich im Spiel in ihre Idole oder lassen sie beim Malen auf Papier zum Leben erwecken. Situationen, die im realen Leben schwierig waren, können so plötzlich gemeistert werden.

Je älter die Kinder, desto vielschichtiger ihre Vorbilder

Weil viele Kinder dieselben Charaktere toll finden, entsteht aber auch eine Verbindung unter Gleichaltrigen, in Abgrenzung zu den Erwachsenen. Und nicht zuletzt dienen die Held*innen als moralischer Kompass, indem sie aufzeigen, dass das eigene Verhalten immer Konsequenzen hat.

Wenn Kinder noch klein sind, teilen sie die Welt sehr einfach in Gut und Böse, Schwarz und Weiss ein. Entsprechend sind ihre Vorlieben, wenn es um Medienheld*innen geht. Ältere hingegen brauchen komplexere Figuren, weil auch ihr Verhaltensspektrum immer grösser wird.

Offen und interessiert sein

Auch wenn sich für uns Erwachsene nicht immer erschliesst, was Kinder an bestimmten Figuren so toll finden, können ihre Medienheld*innen Ausgangspunkt sein für aufschlussreiche Gespräche. Wir erhalten Einblicke in die Gedankenwelt unserer Kinder und die Themen, die sie gerade beschäftigen.

  • Zeigen Sie darum Interesse und versuchen Sie, möglichst vorurteilsfrei zu bleiben. Was mag Ihr Kind an seiner Lieblingsfigur? Wieso sind die Erlebnisse spannend? Gibt es Parallelen zum eigenen Leben?
  • Unterstützen Sie die kreativen Aspekte: Regen Sie die Kinder an, in die Rolle Ihrer Medienheld*innen zu schlüpfen, zu basteln, zu malen, ein Theater zu spielen oder ein Video zu drehen.
    Links:
  • Suchen Sie gemeinsam nach Stärken: Wieso ist die Figur ein Vorbild für Ihr Kind? Warum wünscht sich Ihr Kind, genauso zu sein? Welche Fähigkeiten erkennt es in dem Charakter? In welchen Momenten setzt es dieselben Stärken vielleicht selber schon ein?
  • Wenn Sie eine Figur nicht mögen, können Sie Ihre Bedenken durchaus ansprechen. Erklären Sie Ihrem Kind, was Ihnen nicht gefällt. Dadurch entsteht ein spannender Austausch und Sie fördern das kritische Reflexionsvermögen Ihres Kindes. Wenn z. B. in den Geschichten Rollen- und Geschlechterklischees bedient werden, sollten sich Kinder damit auseinandersetzen, um in ihrer Persönlichkeitsentwicklung nicht eigeschränkt zu werden.
  • Nicht alle Wünsche müssen erfüllt werden: Mit Blick auf Weihnachten sind die Medienheld*innen unserer Kinder wieder allgegenwärtig. Die Spielzeug-, Unterhaltungs- und Bekleidungsindustrie nutzt die Beliebtheit der Figuren natürlich für ihre Werbezwecke. Auch das Thema Werbung lässt sich so diskutieren. Denn gerade für jüngere Kinder ist es nicht leicht, Werbung als solche zu erkennen (lesen Sie dazu auch unseren Beitrag → «Spiel und Spass: Warum Werbestrategien für Kinder undurchsichtig sind»).

Und bestimmt erinnern Sie sich auch an die Medienheld*innen aus Ihrer eigenen Kindheit. Welche Figuren fanden Sie besonders toll? Vielleicht finden Sie DVDs oder Bücher von Ihren Lieblingen, die Sie über die Weihnachtszeit gemeinsam anschauen oder Ihren Kindern vorlesen können.

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Wir wünschen Ihnen eine stressfreie Vorweihnachtszeit, viel Spass beim Guetzli-Backen, Baumschmücken und allen anderen Weihnachtsvorbereitungen und schöne Festtagsmomente mit Ihren Liebsten.

Bettina Bichsel ist Journalistin und Texterin. Sie schreibt und bloggt unter anderem für Jugend und Medien.