Sicherheitseinstellungen, Schutz-Apps und Filter sind wichtig, aber längst nicht perfekt

| Bettina Bichsel

Wie schön wäre die Vorstellung einer Funktion oder App, die es unseren Kindern ermöglicht, völlig sicher im Internet zu surfen. Aber was leisten Sicherheitseinstellungen & Co. wirklich? Und wo liegen ihre Grenzen?    

So viel Unterhaltsames und Lehrreiches das Internet für Kinder bietet, so vieles findet sich eben auch, das nicht für Kinderaugen bestimmt ist. Und genau davor wollen wir sie bestmöglich schützen. Was wir aber schon vorweg sagen können:

  1. Kein Programm bietet einen hundertprozentigen Schutz.
  2. Je älter ein Kind ist und je versierter im Umgang mit digitalen Medien, desto leichter kann es Sicherheitseinstellungen umgehen.
  3. Gespräche über mögliche Risiken und ein Vertrauensverhältnis, damit das Kind darüber sprechen kann, wenn ihm etwas Angst macht oder es verunsichert ist, sind mindestens genauso wichtig wie technische Massnahmen.
     

Grundsätzliche Sicherheitseinstellungen

Bleiben wir aber dennoch erst bei den technischen Möglichkeiten. Es gibt eine Reihe von Grundvorkehrungen, die Sie als Eltern treffen können:

Separate Accounts

Richten Sie für jedes Kind ein eigenes Benutzerkonto ein. So stellen Sie einerseits sicher, dass der Zugang nicht über Ihren eigenen Account ins ganze Netz möglich ist. Und andererseits können Sie je nach Alter passende Seiten anlegen. Tipps für Kindersuchmaschinen, Kinderseiten und geeignete Spiele finden Sie in unseren Rubriken
→ Recherchieren & Lernen
→ Internet
→ Smartphones & Tablets

Filter und Kindersicherungen

In den üblichen Browsern (Apple Safari, Google Chrome, Microsoft Edge, Mozilla Firefox etc.) und Betriebssystemen (Computer: Windows, macOS, Chrome OS, Linux etc.; Smartphone/Tablet: Android und iOS/iPadOS) sind verschiedene Einstellungen möglich, die Kinder davor schützen sollen, auf nicht altersgerechte Inhalte zu stossen. Die grössere Sicherheit bieten Varianten, wo Sie als Eltern genau festlegen, auf welche Seiten und Inhalte Ihr Kind ausschliesslich Zugriff hat (sogenannte Whitelists). Weniger sicher ist die Option von sogenannten Blacklists, wo Filterprogramme aufgrund von Algorithmen problematische Inhalte identifizieren und sperren. Daneben sind zeitliche Begrenzungen entweder für die gesamte Mediennutzung oder beispielsweise einzelne Apps möglich.

Familienfreigabe und Family Link

Die Familienfreigabe von Apple und Google Family Link (Android) dienen unter anderem dazu, dass Ihr Kind nicht einfach Spiele, Serien oder Apps herunterladen kann. Sind Sie mit einem Download einverstanden, achten Sie zudem darauf, dass In-App- und In-Game-Käufe deaktiviert sind, bevor Ihr Kind die Anwendung nutzt.

Als Laie ist es schwierig zu erkennen, wie verlässlich Schutzprogramme wirklich sind.

Tests: Kaum ein Schutzprogramm überzeugt

Nun gibt es spezifische Softwareprogramme bzw. Apps, die einen weitergehenden Schutz versprechen. Als Laie ist es aber schwierig zu erkennen, wie verlässlich diese Programme wirklich sind. Bieten sie tatsächlich die versprochene Sicherheit, wenn Minderjährige Smartphone und Tablet nutzen oder im Netz surfen?

In einem aktuellen → Test von WizCase, einer Webseite, die digitale Sicherheitsprodukte überprüft, schreibt der Verfasser: «Ich habe über 30 der angeblich besten Kindersicherungs-Apps getestet und war schockiert, wie schlecht die meisten von ihnen funktionieren. Überrascht hat mich zum Beispiel, wie leicht es für meine Kinder war, Lücken zu finden und den Webfilter, die Bildschirmzeit und die Standortverfolgung zu umgehen.» Zu einem ähnlichen Schluss kommt die deutsche → Stiftung Warentest in einer früheren Untersuchung. Sie hält es schon für «hochgegriffen», überhaupt von Kinderschutz-Apps zu reden. Denn: «Die Apps helfen Eltern bei der Kontrolle und protokollieren, was das Kind tut. Umfassend schützen können sie es nicht.» Insbesondere Cybermobbing (à Link) oder Cybergrooming (à Link) lassen sich beispielsweise nicht verhindern. Denn übergriffige Nachrichten in Chats werden beispielsweise kaum erkannt. Bei den meisten Angeboten wird zudem der Datenschutz und eine fehlende pädagogische Unterstützung kritisiert. Darüber hinaus gibt es Programme, die laut Stiftung Warentest «deutlich auf Überwachung ausgelegt» sind. Damit wird aber nicht nur die Privatsphäre der Kinder verletzt. Vor allem droht ein Vertrauensverlust, wenn Kinder und insbesondere Jugendliche merken, dass ihnen nachspioniert wurde, indem etwa Chatverläufe überprüft werden. Ausserdem haben Heranwachsende ein Recht auf Informations- und Meinungsfreiheit. Auch das gilt es zu beachten bei der Frage, welche Seiten man sperren möchte.

Weisen Sie Ihr Kind in altersgerechter Sprache auf Risiken hin.

Empfehlungen

Trotz dieser Einschränkungen werden einzelne Programme bedingt empfohlen – eben unter dem Vorbehalt, dass kein kompletter Schutz erwartet werden darf:  

  • Bei Stiftung Warentest schnitten die App → Salfeld und das Programm → JusProg mit der Bewertung «gut» ab. Alle anderen, darunter auch Apps bekannter Sicherheitsanbieter wie McAfee, Norton oder Kaspersky erhielten maximal das Attest «befriedigend» oder «ausreichend».
    • Die Salfeld Kindersicherung ist nur für Android und Windows erhältlich und kann 30 Tage lang kostenlos getestet werden.
    • JusProg ist komplett gratis und für alle Endgeräte anwendbar.
  • WizCase kürte → Qustodio zum Testsieger. Hervorgehoben werden insbesondere die anpassbaren Website-Filter mit über 30 Kategorien, die Benutzerfreundlichkeit und die Flexibilität z.B. bei festgelegten Bildschirmzeiten. Die App ist für Android- und Apple-Geräte nutzbar und kann 30 Tage kostenlos getestet werden.
  • Weitere Apps, die es in die vordersten Ränge schafften: Mobicip (EN), Bark (für Social-Media-Seiten, EN), Norton Family (DE, FR, IT), Net Nanny (DE, EN).
  • Eine weitere deutschsprachige Möglichkeit bietet die fragFINN-App (für → iOS und → Android). Hier surfen Kinder ausschliesslich auf Webseiten, die von Medienpädagog*innen geprüft sind. Auf der Startseite gibt es zudem wechselnde Surftipps mit Kinderseiten, Spielen, Videos und Umfragen.


Wichtig ist auf jeden Fall, Kinder in altersgerechter Sprache auf Risiken hinzuweisen und zu erklären, wie sie sich verhalten sollen, wenn ihnen etwas unangenehm ist.

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Weitere Informationen und Hilfestellungen zum Thema finden Sie kurz und knapp in unseren → Empfehlungen und ausführlicher in unserer Rubrik → Sicherheit & Datenschutz.

Bettina Bichsel ist Journalistin und Texterin. Sie schreibt und bloggt unter anderem für Jugend und Medien.